In rund 80 Filmen um die Welt – unter dieses Motto könnte man das diesjährige SLASH Filmfestival mit seinem geographisch breit gefächerten Line-up durchaus stellen. Diesmal mit dabei auch zwei Highlights des zeitgenössischen afrikanischen Genrekinos!
Wer unter Triskaidekaphobie leidet und somit Angst vor der Zahl 13 hat, sollte das SLASH dieses Jahr
besser meiden. Denn genau so alt wird das – gleich in mehrfacher Hinsicht – fantastischste Filmfestival Wiens
diesen Herbst. Wir deuten die Teufelszahl aber SLASH-gerecht als gutes Omen und werden es, nun mitten in
der Pubertät angelangt, umso heftiger krachen lassen! Von der trashigen Bodily-Fluids-Schleuder über einen
politisch ambitionierten Augenöffner bis hin zum explosionsfreudigen Superhero-Movie – vielseits interessierten
Cineasten ist allemal gedient.
ERSTE FILMHIGHLIGHTS:
INCANTATION
TW 2022
R: Kevin Ko
Mit: Tsai Hsuan-yen, Huang Sin-ting, Kao Ying-hsuan, Sean Lin, RQ
Gleich zu Beginn blickt Ronan direkt in die Kamera, chantet eine Beschwörungsformel und bittet die Zuschauer*innen mitzumachen. Das soll ihre kleine Tochter segnen und einen Fluch von ihr nehmen. Der lastet auf dem Mädchen seitdem Ronan vor sechs Jahren gemeinsam mit Freunden in die entlegene chinesische Provinz Yunnan gereist ist, um dort ein geheimnisvolles Ritual zu filmen. Kevin Kos Found Footage-Angstmacher INCANTATION ist weiterer Beweis für die beeindruckende Renaissance des gegenwärtigen taiwanesischen Horrorkinos und wurde in seiner Heimat zum (bisher) erfolgreichsten Film des Jahres. Wer traut sich?
PUSSYCAKE
AR 2021
R: Pablo Parés
Mit: Macarena Suárez, Aldana Ruberto, Flor Moreno, Sofia Rossi
Die Girl-Rockband Pussycake schrammelt, singt und schreit sich durch Dive Bars. Ein Gig an der Küste, bei dem wichtige Musikproduzenten anwesend sind, könnte den Durchbruch bedeuten. Doch als sie dort ankommen ist der Laden verschlossen und kein Mensch in Sicht. Stattdessen werden die hartgesottenen Rockerinnen von im Strahl kotzenden Zombies attackiert und müssen um ihr Leben kämpfen. Der argentinische Splatter-Wiz Pablo Pares tränkt diesen wieselflinken Trip mit literweise Blut, Schleim und Gekröse: PUSSYCAKE wirkt wie ein Auswurf aus der letzten Hochblüte des B-Films und eine Zeitmaschine in eben diese Achtziger. Traumhaft.
HUESERA
MX | PE 2022
R: Michelle Garza Cervera
Mit: Alfonso Dosal, Sonia Couoh, Martha Claudia Moreno, Aida López
Lange haben Valeria und Raúl versucht, schwanger zu werden. Kurz nachdem es endlich klappt, wird die junge
Frau von grausamen Visionen heimgesucht. Die Huesera, eine „Knochenfrau“ aus der mexikanischen Mythologie
scheint sie zu verfolgen, ihr immer näher zu kommen. Michelle Garza Cerveras herausragendes Langfilmdebüt
ist ein folkloristisch unterspültes Horrordrama mit hohem Beunruhigungsfaktor, in dem die Schwangerschaft
selbst einem Fluch gleich kommt. Intensiv gespielt und exzellent fotografiert, erweist sich die Regisseurin als
maßgebendes neues Talent des lateinamerikanischen Genrefilms.
SALOUM
SN 2021
R: Jean Luc Herbulot
Mit: Yann Gael, Evelyne Ily, Bruno Henry, Roger Sallah, Mentor Ba
Banguis Hyänen, einer legendären dreiköpfigen Söldnerarmee, gelingt die Flucht aus Guinea-Bissau mit einem
mexikanischen Drogenboss im Gepäck. Doch prompt landen sie in einem schaurigen Ferienlager voll finsterer Gestalten in einer entlegenen Region Senegals. Kaum ist die bewegte Vergangenheit ihres Anführers Chaka ans Licht gekommen, erheben sich dunkle Mächte über den Hyänen. Der zweite Film des kongolesischen Regisseurs ist ein übernatürlicher Gonzothriller mit Anleihen aus dem Italowestern und mexikanischen Kartellgeschichten, jedoch auch fest verwurzelt in der afrikanischen Mythologie und dem postkolonialen Alltag. So wissen die Söldner nicht nur mit ihren Waffen umzugehen, sondern zitieren auch Thomas Sankara und witzeln obendrein in Zeichensprache:„Sehen wir etwa aus wie UNICEF?!“
GOOD MADAM
ZA 2021
R: Jenna Cato Bass
Mit: Chumisa Cosa, Nosipho Mtebe, Kamvalethu Jonas Raziya
Seit Jahrzehnten lebt die schwarze Mavis als Haushälterin bei einer wohlhabenden weißen Familie in einem Vorort
von Kapstadt. Als ihre Tochter Tsidi sie bittet, gemeinsam mit Mavis’ Enkelin Winnie zu ihr ziehen zu dürfen, stimmt die ältere Frau zu; allerdings unter der Bedingung, dass alle Regeln der bettlägerigen Hausherrin, genannt
„Good Madam“, eingehalten werden. Schnell werden die Schatten länger und Tsidi merkt, dass hier nicht alles mit
rechten Dingen zugeht. Jenna Cato Bass entfesselt mit GOOD MADAM einen systemkritischen, satirisch unterfütterten Horrorthriller, der seine Unheimlichkeit nicht nur aus einer übernatürlichen Bedrohung, sondern auch aus alltäglichem Rassismus zieht.